Interview mit der Rosentochter Michaela Gellen
Liebe Michaela deine Eltern haben ihren Betrieb vor ein paar Jahren in Deutschland ja leider aufgegeben. Schauen wir aber mal weit zurück in die Vergangenheit. Warum hat sich deine Familie damals insbesondere der Rosen entschieden?
Michaela: „Unser Betrieb war wie viele hier an der Grenze zu den Niederlanden ein landwirtschaftliches Unternehmen. Irgendwann suchte man neue Wege und begann zunächst mit dem Gemüseanbau. Mein Vater begann mit 14 Jahren eine Ausbildung zum Gärtner in einer Orchideengärtnerei. Fasziniert von den Schnittblumen stellte er die Kulturen nach und nach auf eine vielfältige Schnittblumenproduktion sowohl im Freiland als auch in Gewächshäusern um. Nach ein paar Jahren kam der Zeitpunkt sich auf eine Schnittblume zu spezialisieren…und das war dann die Rose.“
Welche Schnittblumen habt ihr angebaut und warum?
Michaela:“ Am Anfang wurde viel ausprobiert. Durch die Nähe zu dem Blumenland Nr.1, die Niederlande, waren wir schon früh im stetigen Kontakt mit den holländischen Kollegen. Entscheidend war, was lies sich unter den gegebenen Bedingungen zu guten Preisen produzieren. Wir kultivierten Tulpen, Spraynelken, einige Sommerstauden, Levkojen und Schnittalpenveilchen. Mitte der 90er ging man im Gartenbau dazu über, sich noch mehr zu spezialisieren, da der Markt nach größeren Mengen einer Art fragte. Meine Eltern haben sich für die Königin der Blumen – die Rose entschieden. Erst waren es 4-6 verschiedene Sorten, zum Schluss nur noch die Biedermeier Rose, eine wunderschöne gefüllte weiße Rose mit rosa Rand, die aufgrund des englischen Stils gerne für Hochzeiten verarbeitet wurde.
Wo kauft man als Gärtner eigentlich seine Pflanzen und was gibt es dazu zu beachten?
Michaela:“ Die erfahrensten Rosenzüchter gibt es hinter Hamburg, in Uetersen im Kreis Pinneberg. Dort bieten verschiedene Züchter ihre schönsten und neuesten erprobten Rosensorten für den Weltmarkt an. Beim Kauf einer Rosensorte zahlt man neben der Pflanze auch Lizenzgebühren, damit ist erlaubt, die Rose mit ihrem jeweiligen Namen in Umlauf zu bringen.“
Nach welchen Aspekten werden die Sorten ausgewählt?
Michaela:“ Zunächst entscheiden die Voraussetzungen im Betrieb welche Sorten in Frage kommen. Soll es eine für das Freiland oder eine für den Unterglas Anbau sein? Da wir nicht wie in Holland über große Anlagen verfügten die den Prozess vereinfachten sondern wir ein familiengeführter Betrieb waren der jede Blüte händisch abschneiden, sortieren und einpacken musste, entschieden wir uns für die Biedermeier Rose, zur damaligen Zeit ein Nischenprodukt. Diese konnte nämlich nur per Hand perfekt geerntet werden um keinen Qualitätsverlust durch abgebrochene Seitentriebe oder Beschädigungen der Blüte zu verursachen. Es wurde uns auch klar sich für ein bis zwei Sorten zu entscheiden lies die Abläufe und Profite besser planbar machen. Weitere Punkte wie Wettbewerb sowohl im Inland als auch Ausland, als auch die Nachfrage bei den Floristen und Kunden entscheiden über die Sortenauswahl. Ein sehr wichtiger Punkt ist auch die Größe der Anbaufläche. Rosen mit großen Köpfen benötigen mehr Platz und bringen oft weniger Ertrag als viele kleine Köpfe auf dem gleichen Platz.
Du sagst die Nachfrage bei uns Floristen und den Kunden entscheidet über die Sortenauswahl? Welche Farben und Sorten sind den besonders beliebt und schlägt sich das auch auf den Preis nieder?
Michaela:“ Ja natürlich die Gärtnereien werden immer weniger und aus Produktionsgründen die Sortenauswahl immer kleiner. So produzieren oft nur noch 3-5 Gärtnereien eine Sorte und das jedoch für den Weltmarkt. Nehmen wir nur mal die klassische rote Rose Red Naomi wenn der Valentinstag näher rückt braucht die ganze Welt diese Rose und das entscheidet natürlich auch über den Preis. Genauso ist es in der Hochzeitssaison bei einer wunderschönen rosa Rose. Unsere Kunde wollen diese unbedingt und so können je nach Verfügbarkeit auch die Preise sehr schwanken. Wie überall die Nachfrage bestimmt den Preis.
Auch ich als Floristin weiß oft wenig wie es in den Gärtnereien her geht. Mir fällt oft nur auf das die Qualität bei ein und dergleichen Sorte oft sehr schwankt zu verschiedenen Zeiten. Woran liegt das?
Michaela:“ Wir vergessen oft das Rosen keine Maschinen sind, sondern einfach Lebewesen. Sie reagieren nun mal genauso wie wir Menschen auf unsere Umwelteinflüsse und das Wetter. Rosen lieben es warm und sonnig und das bei ausreichender Wasserversorgung. Klingt eigentlich ganz einfach möchte man denken. Jedoch Rosen in Deutschland oder Holland zu produzieren wissen wir, wir haben sehr ausgeprägte Jahreszeiten. Schauen wir in den Garten eine Rose bringt seine schönsten und kräftigsten Blüten zwischen April und Oktober hervor. Die andere Hälfte kann man durch lange Belichtungen und heizen nur künstlich steuern. Wenn wir also Rosen im Winter unbedingt kaufen wollen müssen sie entweder aus wärmeren Ländern wie Ecuador oder Kolumbien kommen oder durch viel künstliche Intelligenz zum Blühen gebracht werden. In Deutschland gibt es nur sehr wenige die diese teuren Maßnahmen im Winter in Kauf nehmen. Wir haben damals im Winter daher auf eine zweite Kultur und zwar Schnittalpenveilchen gesetzt. Jedoch brach auch hier die Nachfrage irgendwann ganz ein. Daher kann die Qualität zum Ende der Saison natürlich sehr schwanken oder auch bei sehr nassen Sommern.
Wie werden Rosen eigentlich angebaut und wie lange bleibt ein Wurzelstock in der Produktion?
Michaela:“ Zu Anfang wurden unsere Rosen auch in Erde gepflanzt. Dies führte jedoch oft nicht zum erhofften Erfolg. Daher schaute man wieder über die Grenze und sah das die Holländer ihre Rosen in 5 Liter Behälter mit einer Mischung aus Kokosfasern und Substrat anbauten. Welche Vorteile sich daraus ergaben? Rosen bleiben ca. 4-5 Jahre in der Produktion dann werden sie ausgetauscht dies wahr plötzlich viel einfacher mit den Behältern. Auch wurde damals bereits schon ressourcenschonend gearbeitet und man fing das Wasser beim Gießen gleich wieder auf in Rinnen unterhalb der Gefäße und brachte es in den Wasserkreislauf zurück. Auch versuchte man mehr und mehr Regenwasser aufzufangen was nicht nur der Rose zugute kam sondern auch dem Grundwasser Speicher. Im November gingen die Rosen in die Ruhephase, im Januar wurden sie einmal richtig zurückgeschnitten und so konnte man mit steigender Tageszeit im April die ersten Roseblüten wieder ernten.
Ein heute wie auch damals sehr brisantes Thema wie sieht es den mit dem Pflanzenschutz aus?
Michaela:“ Ja natürlich begann man damals ganz klassisch mit dem Spritzen. Aber auch wir erkannten schon schnell das das nicht gut für uns und unsere Umwelt wahr. Wir experimentierten auch viel. Es gab Zeiten da setzten wir Knoblauch zwischen die Rosen und später wurden dann auch Nützlinge vermehrt eingesetzt wie es heute bereits in den meisten Deutschen und Holländischen Betrieben Standard ist. Darüber hinaus gründeten mein Vater und seine Kollegen in den benachbarten Orten auch ein Label das der Deutschen Qualitätsrosen. Gemeinsam konnte man auch günstiger und einheitlicher Verpackungen einkaufen und war an der Versteigerung auch für seine herausragende Qualität schnell bekannt.
Jetzt haben wir schon viel gelernt über den Rosenanbau. Wie geht es den jetzt weiter? Wie kommen wir zu den Rosen?
Michaela:“ Die Rosen werden in den Morgenstunden geschnitten und können ab 15 Uhr an der Versteigerung in Aalsmeer angeliefert werden. Hier fließen alle Blumen für Europa der verschiedenen Gärtnereien zusammen. Natürlich auch die Flugware aus Übersee. Wenn die Rosen geschnitten werden werden sie nach Länge und Qualität sortiert. Ob händisch oder in sehr großen Betrieben mittlerweile auch schon maschinell und dann eingepackt auf Rosaflor gesetzt. Ein spezielles Frischhaltemittel für Rosen. Jetzt kommt der entscheidende Punkt Rosen müssen eine Nacht bei 3-4 Grad runtergekühlt werden um ihre Haltbarkeit zu gewährleisten. Dies erfolgt oft in den großen Hallen in Aalsmeer direkt vor Ort. Auch wichtig zu Wissen die Rosen werden hier immer wieder Blattproben unterzogen wo auf Rückstände oder unzulässige Spritzmittel getestet wird.
So liebe Michaela es gäbe denke ich noch so viel zu erzählen ich denke jedoch das diese Informationen fürs erste genug sind. Ich bedanke mich recht herzlich für das spannende Telefonat und die vielen interessanten Einblicke wo auch ich noch so viel dazugelernt habe.
Vielleicht noch kurz zu erwähnen, nein auch der Betrieb der Eltern von Michaela konnte irgendwann dem Preiskampf nicht mehr standhalten und musste zusperren. Leider gibt es nur noch sehr wenige Rosengärtner in Deutschland. Wie in anderen Branchen geht es leider oft auch hier um Quantität vor Qualität…schneller, größer, weiter!
Daher regionale Ware wird immer mehr zum wahren Luxus. Schätzt und kauft regionale Produkte.
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